Über die Kunst zu präsentieren.

DAS EXPLAIN PRÄSENTORIK MODELL.

Ein Leitartikel von Sven Oliver Hager, Founder of explain.

Laptop
Sven Präsentorik

Eine alte Industriehalle, ich sitze auf einer vibrierenden Metalltribüne im Publikum. Ein Branchentreffen, kostspieliger Business-Event – selbstverständlich mit Keynotes. Der Moderator kündigt den nächsten Redner an, es geht um eine „Success-Story“. Das Licht wird gedimmt, Ruhe tritt ein, ein Sprecher betritt die Bühne, hunderte gespannte Augen richten sich auf ihn. Er blickt in seine Notizenkarten und beginnt seine Rede. Er betätigt den „Klicker“, dreht sich zur Leinwand, nichts passiert.

Er klickt nervös mehrmals – nun ohne auf die Leinwand zu schauen. Was er in diesem Moment nicht sieht ist, wie vor aller Augen Folie für Folie passiert. Irritiert dreht er sich wieder zur Leinwand um, klickt noch einmal … nun liest man VIELEN DANK! in farbigen Großbuchstaben über ihm auf der riesigen Leinwand ... vereinzeltes Gelächter im Publikum. Der Sprecher ringt mit der Fassung „Ähhm … mir wurden die Folien erst letzte Nacht zur Verfügung gestellt … ich muss mich dafür entschuldigen“.




Daraufhin versucht er, in seinem Vortrag fortzufahren, nun ohne irgendwelche Folien, aber auch ohne roten Faden. Eher ein DESASTER als eine „Success-Story“ – und man liest noch immer VIELEN DANK! in farbigen Großbuchstaben auf der riesigen Leinwand hinter ihm.

So, oder so ähnlich ist es schon vielen von uns ergangen. Häufig erlebt man in Präsentationen eine offensichtliche Diskrepanz zwischen dem, was man sieht und dem, was eigentlich gesprochen wird. Oft sind Sprecher nicht ausreichend vorbereitet, nicht an Bühne und Technik gewöhnt oder gar im Umgang mit ihren eigenen Folien ungeübt. Natürlich kann uns allen das passieren, aber professionell ist es eben nicht. Das gelungene Zusammenbringen von Inhalt, Folien und Mensch nennen wir

PRÄSENTORIK – das ist der Schlüssel für großartiges Präsentieren. Präsentorik steht für die Verbindung von klassischer Rhetorik und modernen Präsentationsformen. Sie ist die Neue Schule des Präsentierens.
Präsentorik
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›› REDE IST DIE KUNST, GLAUBEN ZU ERWECKEN. ‹‹ – Aristoteles

Über die Kraft der Rede
Rhetorik ist die (hohe) Kunst der Rede. Sie hat ihre Anfänge im antiken Griechenland und wurde durch Lehrmeister wie Aristoteles, Sokrates oder Platon entwickelt, spätestens jedoch mit Cicero und Quintilian im römischen Reich hat sie die Weltgeschichte mitgeprägt. Auch wenn heutzutage diese „Kunst“ in Deutschland nur noch an der Universität Tübingen unterrichtet wird, sind ihre Prinzipien nach wie vor relevant und ihre Wirkkraft mächtig wie eh und je. Für Aristoteles war das strategische Ziel der Rede nicht nur einfach das Überzeugen, für ihn war es schlicht die Kunst, Glauben zu erwecken. Neben den Zielen der Rede verfasste Aristoteles auch sogenannte Funktionen der Rede: belehren/beweisen, gewinnen/erfreuen & aufstacheln/ bewegen. Genau dieses „BEWEGEN“ (movere) stellt die Kraft der Rede dar, weil man durch sie Menschen bewegen kann.


Natürlich birgt dies auch das Potenzial, Menschen fehl zu leiten, deshalb gilt es in der heutigen, ebenso wie in der alten Zeit, das mächtige Schwert der Redekunst tugendhaft einzusetzen. Cicero hat das ganz treffend ausgedrückt, indem er sagte: „Meine ganze Sorge ist stets darauf gerichtet, dass ich durch meine Rede womöglich etwas Gutes, wo nicht, wenigstens nichts Nachteiliges bewirke.“ Nicht umsonst ist die Ethik seit jeher Grundbestandteil der Rhetorik. Und wir von EXPLAIN teilen die Ansicht, dass Reden letztlich nur dann wahrlich bewegend wirken, wenn sie aus dem Inneren der Seele oder des Herzens fließen, und nicht, weil eine bestimmte Technik möglichst geschickt angewandt wurde. Eine Rede sollte immer voller Aufrichtigkeit, Ehrbarkeit und Wahrheit sein. Leidenschaft ist ebenso wichtig, „denn wovon das Herz voll ist, wird der Mund reden“. (Matthäus 12,34)


WIR DENKEN, IN DER RHETORIK SOLLTE ES NICHT DARUM GEHEN, DIE REDE IN DER MEINUNGSBILDUNG ZU INSTRUMENTALISIEREN.

ES GEHT IN UNSEREM KONTEXT EHER DARUM, SIE ZU PROFESSIONALISIEREN.


Die Altmeister der Rhetorik differenzierten die Rede in drei Gattungen (die Gerichtsrede, die Beratungsrede und die Lobrede). Sie gaben uns jedoch leider keine Anleitungen dafür, wie auf TED Talks, Jahres-Kick-offs, Product Launches oder Vertriebsterminen im 21. Jahrhundert präsentiert werden soll. Dafür bedarf es einen neuen Modells – das der Präsentorik.

LA LATERNA MAGICA

Laterna Magica

Im 17. Jahrhundert entwickelte ein holländischer Wissenschaftler die LATERNA MAGICA, gewissermaßen ein Vorläufer heutiger Projektoren. Der Legende nach wurde sie nachts eingesetzt, um Bilder des Todes auf Häuser zu projizieren, um so verängstigte Menschen in die Kirche zu treiben.

Daran zeigt sich ebenfalls sehr deutlich eine Wirkkraft – nun von Bildern, aber wie in der Rhetorik stellt sich auch hier die Frage der tugendhaften Anwendung.


Reisende Storyteller in England und Frankreich haben diese Kraft ebenfalls schnell erkannt und nutzten die Magie der Laterne, um die Wirkung ihrer Geschichten zu verstärken. Auch das Lehrwesen hatte Anfang des 19. Jahrhunderts bereits das Potenzial der Projektion erkannt und in den Unterricht und Vorlesungen eingeführt.

Selbstverständlich ist diese Technik auch in der Businesswelt angekommen. Heutzutage spricht man von dem Begriff der „Präsentation“. Die Kraft von Bildern wurde sozusagen salonfähig und zwar in HD.

Erde
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BILDER KÖNNEN MENSCHEN BEWEGEN.

DIE KRAFT VON BILDERN
Warum überhaupt die Kraft der Rhetorik mit Bildern in einer Präsentation kombinieren, ist das Wort nicht genug? Weil Bilder ebenfalls Menschen bewegen können und weil Menschen im Publikum eben nicht nur Zuhörer, sondern auch Betrachter sind. Bilder können einen sehr starken Effekt auf den Betrachter ausüben – das taten sie schon immer. Künstler haben mit ihren Gemälden quer durch die Weltgeschichte dokumentiert, aufgeklärt, inspiriert, erfreut, schockiert und vieles mehr. Die Gemälde von damals sind die Fotos von heute. Fotos können ein konkretes Bild der Wirklichkeit geben, deshalb sind Fotoaufnahmen als Beweismittel vor Gericht zugelassen und können das Urteil maßgeblich beeinflussen – ohnmächtig der Redekunst des Anwalts. Bilder haben aber auch die Welt in Brand gesteckt, so waren z. B. angebliche „Beweisfotos“ von Raketen im Irak ausschlaggebend für die Kriegsargumentation der USA.


Bilder können auch das positive Gegenteil bewirken. Sie können uns bewegen, dem Wahnsinn entgegen zu treten, wie z. B. das Bild des chinesischen Studenten vor einer Gruppe von Panzern in einem Militäraufmarsch. Oder das weltbekannte Bild des Soldaten, der in voller Montur über den Stacheldraht am Checkpoint Charlie springt. Oder die Bilder der Erde aus Perspektive des Mondes, die uns dabei helfen zu begreifen, wie wunderbar, verwundbar und schützenswert unser Planet ist. Diese Bilder brauchen hier noch nicht einmal abgebildet zu werden. Ich bin mir sicher, Sie wissen, wovon ich spreche, weil diese Bilder eben auf eine gewisse Weise im visuellen Gedächtnis der Menschheit verankert sind. Es sind jedoch nicht nur die großen Gemälde oder die historischen Fotoaufnahmen, die uns etwas durch visuelle Sprache verständlich machen, sondern auch ganz einfache Illustrationen, die uns schon immer geholfen haben, komplexe Zusammenhänge einfacher zu verstehen.


Sicher kennen Sie die klassischen Visualisierungen anhand der Pyramide oder der Tempelsäulen. Mittlerweile wurde diese Kunst unter dem Begriff „Infographics“ zu einer eigenen grafischen Disziplin, mit dem Ziel, Komplexes einfach darzustellen. Emotionen erzeugt das verständlicherweise eher weniger, dafür werden Emotionen umso mehr durch Bewegtbilder und Videos mit Sound hergestellt. Videos werden eine große Rolle in der Präsentationsgestaltung der Zukunft spielen. Warum? Weil wir von Filmen auf Hollywood-Niveau geprägt wurden und wir dadurch eine gewisse Erwartungshaltung haben an das, was uns bewegt oder eben nicht. Präsentationen sind mehr als nur eine Rede, sie kombinieren Wort und Bild in der Live-Performance eines (Geschichten-) Erzählers.

LA MEMORIA

Prasentorik Jonas
WOP Memoria 2

Warum aber tendieren viele Präsentationen dazu, so textlastig zu sein? Um das zu verstehen, gilt es zuerst, die zwei Hauptfunktionen einer Präsentation zu sehen:

1. FUNKTION
EINE „VISUALISIERUNG“
FÜR DAS PUBLIKUM
2. FUNKTION
EINE „REDEHILFE“
FÜR DEN SPRECHER

Gerade diese zweite Funktion wird allgemein zu wenig betrachtet. Ich spreche hier nicht von den (für das Publikum unsichtbaren) sogenannten „Sprechernotizen“, sondern von dem, was tatsächlich auf einer Folie geschrieben steht: Headline, Subline und Bulletpoints (manchmal leider sogar Fließtext). An diesem Text orientiert sich der Sprecher in der Regel. Er hilft ihm, in geordneter Form vorzutragen. Nachteilig ist allerdings, dass das Publikum den Text ebenfalls sehen kann. Auch die Altmeister der Rhetorik haben die Notwendigkeit der einstudierten Rede gesehen und widmeten dieser einen Schritt in den fünf Produktionsstadien einer Rede, das sogenannte „Memoria“. Es handelt sich hier um „die letzte Vorbereitungsphase vor dem eigentlichen Vortrag und das Einprägen der Rede ins Gedächtnis mittels memotechnischer Regeln und bildlicher Vorstellungshilfen“. Dieses Auswendiglernen ist gewissermaßen durch textliche Inhalte auf Folien ersetzt worden, mehr noch, viele Sprecher stecken sich ein „slide deck“ zusammen, anstatt überhaupt an einer Rede als solcher zu arbeiten. Wie auch immer, die Folien sollten eben mehr sein als nur Stichworte.


Die gestalterische Frage, die sich hier ergibt, ist folgende: Wie kann ich Folien mit notwendigen Stichworten versehen, ohne dass die Präsentation in betreutes Lesen für das Publikum übergeht?

Glauben Sie mir, das ist gestaltungstechnisch mit durchdachtem Design lösbar. Beim Präsentieren kommen also die Disziplinen von Rhetorik und Design zusammen, aber in keiner dieser Disziplinen wird man als „Manager“ in oder an Universitäten ausgebildet. Vorrangig geht es bei solchen Jobs ja um Führung, jedoch gerade Führung erfolgt häufig mit Präsentationen. Deshalb ist es für alle Führungspersonen wichtig, das Präsentieren zu beherrschen! An dieser Stelle möchte ich mich nochmals dem Beispiel von Steve Jobs bedienen. Als CEO von Apple hat er das Präsentieren gemeistert und dafür eine eigene Philosophie entwickelt: „A successful presentation should inform, educate & entertain“. Er war eben auch Pionier auf diesem Gebiet. Um sich dem Thema „Präsentation“ ausschließlich zu widmen und tiefer einzutauchen, hatte er jedoch bei seinen vielen Projekten keine Zeit. Dafür sind wir da. Um das Präsentieren zu professionalisieren, haben wir das explain Präsentorik- Modell entwickelt.

Wir denken, dass eine Präsentation aus den Teilen Inhalt, Folie und Mensch besteht und genau das ist die Grundlage des explain Präsentorik Modells. Innerhalb dieses Modells haben wir Qualitätskriterien entwickelt, die großartiges Präsentieren ermöglichen.

Sven Präsentorik

1. BEDEUTUNGSVOLLE INHALTE
Viele von uns haben häufig Meetings und enge Terminkalender. Inhalte, die keine RELEVANZ für das Publikum haben, stehlen unsere Zeit. In einer hochkomplexen Welt ist es wichtig, sich verständlich auszudrücken, deshalb ist es notwendig, Inhalte BEGREIFBAR zu machen. Und letztlich geht es nicht nur um den einen Moment, sondern auch um das, was hängen bleibt, woran man sich erinnern wird – Inhalte sollten also EINPRÄGSAM sein.

2. BEREICHERNDE FOLIEN
Folien müssen zuallererst FUNKTIONAL sein, um den Vortrag überhaupt zu unterstützen. Einerseits, um dem Publikum eine Visualisierung oder Bilder zu geben und andererseits, um dem Sprecher die notwendigen Stichpunkte zu geben. Wenn wir Folien sehen, legen wir unbewusst unsere Maßstäbe für Schönheit an. Wir merken, ob etwas harmoniert, etwas nicht stimmt oder uns sogar etwas stört. Mit einer ÄSTHETISCHEN Gestaltung können diese Empfindungen gesteuert werden. Gerade externen Personen gegenüber sind wir nicht nur Präsentatoren, sondern gleichzeitig auch Markenbotschafter. Dies gilt es zu berücksichtigen, um STILPRÄGEND zu präsentieren.

3. BEEINDRUCKENDER MENSCH
Letztlich machen Sie den größten Unterschied. Sie als Sprecher/in, als Persönlichkeit, als Mensch. Für viele von uns ist das Präsentieren mit verschiedensten Arten von Ängsten verbunden. Deshalb gilt es zuallererst, SICHER zu werden. Kommunizieren Sie mit allem, was Sie sind und haben, verwenden Sie Ihre Gestik und Mimik, arbeiten Sie mit Ihrer Stimme, seien Sie AUSDRUCKSSTARK! Inszenieren Sie sich selbst, aber seien Sie immer Sie selbst, seien Sie mutig, AUTHENTISCH zu sein, auch im Scheinwerferlicht. Schwächen und Fehler werden gerne vergeben, insofern man den Menschen dahinter erkennen kann, selbst wenn er aus Versehen alle Folien durchgeklickt hat und aus dem Konzept ist. Mehr zur Präsentorik in den Artikeln meiner Kollegen, die die wahren Experten auf diesem Gebiet sind.

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